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Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZs)

Perpektiven und Erfolgsrezepte

Mit einem Anstieg von 9 % Ende 2020 vs. dem Vorjahr[1] setzen MVZs (Medizinische Versorgungszentren) derzeit ihren starken positiven Trend fort. Immer mehr Ärzt:innen präferieren das Angestelltenverhältnis in einem der bundesweit 3.846 MVZs, davon entfallen ganze 45 % auf Klinik-MVZs. Insbesondere die jüngere Ärztegeneration findet sich in einer ärztlich geleiteten ambulanten Versorgungsform, in der Mediziner:innen unterschiedlicher Fachrichtungen in der Regel als Angestellte arbeiten, eher wieder als in einer Selbständigkeit. Gründe für das Medizinische Versorgungszentrum und gegen die eigene Niederlassung sind v.a. eine bessere Bilanz bei der Arbeitsbelastung, der Verantwortung und dem eigenen Risiko.

Ärztinnen und Ärzte im Kreis blicken nach unten in die Kamera

Susanne Müller

ist Diplom-Politikwissenschaftlerin und seit 2009 Geschäftsführerin beim Bundesverband Medizinscher Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e.V. (BMVZ).

Welche Perspektive bieten Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in Deutschland?

Medizinische Versorgungsgesellschaften (MVZs) sind eine Riesen-Chance für die Gesellschaft.

Davon ist Frau Müller überzeugt. Die Vorteile und Gründe sind vielfältig, warum MVZs eine wesentliche Rolle bei der Versorgung spielen können, ohne dass es jedoch einen Automatismus gibt, dass ein MVZ in jedem Fall die Versorgung verbessert. Hier ein Überblick:

  • Komplexe Praxisstrukturen wie MVZs und Ärztenetze können aufgrund ihrer meist arbeitsteiligen Organisationsstruktur besser auf sich verändernde Rahmenbedingungen oder auch Krisen reagieren. Während der Hochphase der Pandemiezeit hatte der Einzelarzt in seiner Praxis Schwierigkeiten neben seiner Arbeit die neuen Anforderungen zu bewerkstelligen. Im MVZ gibt es in der Administration Personen, die das Krisenmanagement übernehmen und den Arzt damit entlasten.

  • Die arbeitsteilige Organisationsstruktur beinhaltet ebenso, dass ein Medizinisches Versorgungszentrum den ganzen Behandlungspfad erweitern und integrativer gestalten kann. Es ist einfacher, im MVZ beispielsweise Logopäd:innen, Physiotherapeut:innen, Ernährungsberater:innen und andere Behandlergruppen mit einzubeziehen oder auch ein Labor mit anzubinden. Der Grundgedanke, der verfolgt wird, ist, durch Kooperationen sinnvolle Synergien zu erzeugen, die den medizinischen Fachkräften in ihrem Arbeitsalltag, aber auch den Patient:innen zugutekommen.

  • Ein MVZ bietet zudem eine höhere Verlässlichkeit für die Regionen bei gleichzeitiger Flexibilität für Ärzt:innen, da seine Zulassung nicht an eine einzelne Arztpersönlichkeit gebunden ist, sondern an die MVZ-Gesellschaft. Diese wiederum ist ortsgebunden und so steht das Medizinische Versorgungszentrum – und hier insbesondere auch ein Krankenhaus-MVZ – für eine höhere regionale Verbindlichkeit als klassische Einzelpraxen, die mit dem Inhaberarzt oder der -ärztin stehen und fallen.

  • Größere Strukturen, insbesondere auch jene, mit einem starken Träger im Hintergrund, kalkulieren und planen wirtschaftlich anders. Das heißt: Standorte, die für sich genommen unwirtschaftlich sind, weil es nicht genug Patient:innen oder ungeeignete Umstände beispielsweise hinsichtlich der Erreichbarkeit gibt, können wirtschaftlich betrieben werden, wenn man sie in ein Netzwerk einbindet. Für die ländliche Versorgung ist es hilfreich, dass sich so ganze Versorgungsnetze aufbauen lassen. So kann vor diesem Hintergrund mit passgenau ausgestalteten Filialnetzen die ambulante Versorgung auch dort aufrechterhalten werden, wo die Gebiete für die Einzelniederlassung als unattraktiv gelten.
Händeschütteln zwischen Arzt und Patient

Die Frage, ob das MVZ sinnvoll ist, …

…, also ob sich der gesellschaftliche Nutzen mit den persönlichen Vorteilen deckt, muss jeder im Einzelfall für sich beantworten.

Was genau ist eigentlich das MVZ?

Medizinische Versorgungszentren sind per gesetzlicher Definition (§ 95 SGB V) ärztlich geleitete Einrichtungen, die über die strukturierte Zusammenarbeit mindestens zweier Ärzt:innen, die Versorgung aus einer Hand gewährleisten sollen.

Abseits der medizinischen Frage ist die Aufgabenteilung und die organisatorische Kompetenzabgrenzung zwischen Ärzt:innen und Nicht-Ärzt:innen die konzeptionelle Grundidee.

Tipp vom medflex Kundenservice-Team

Wenn die Strukturen groß genug sind, ist eine organisatorische Aufgabenverteilung möglich und sinnvoll. Das bedeutet, dass gerade das Backoffice eine wichtige Rolle spielt und viele organisatorische Tätigkeiten zur Entlastung übernimmt. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn sich die Verwaltung mit allen Ärzt:innen, Therapeut:innen und Behandler:innen im MVZ die Zeit nimmt, Arbeits- und Kommunikationsprozesse durchzusprechen und zu optimieren.

Ein Beispiel:

Wieviel Zeit verbringen die MFAs mit dem Beantworten des Telefons? Wie oft hängen Sie selbst in der Warteschleife um Kolleg:innen zu erreichen? Wieviel Zeit frisst das Anfordern von Befunden, Röntgenbildern, Arztbriefen und mehr? Gibt es Möglichkeiten der asynchronen Kommunikation oder einer kontrollierten Online-Terminvergabe zur Vermeidung von terminlichen No-Show-Raten im MVZ? Mittels einer digitalen Kommunikationslösung wie dem medizinischen Messenger medflex können Sie all diese Fragen lösen und die Prozesse im MVZ optimieren.

Was sind Erfolgskonzepte von Medizinischen Versorgungszentren?

Es gibt Fehler, die bei der Gründung von MVZs häufig vorkommen und langfristige Folgen haben. Welche das sind und wie Sie sich vermeiden lassen, weiß Susanne Müller. 

Wie sich Gründungsfehler vermeiden lassen, die sonst dauerhaft auf den MVZ-Betrieb nachwirken

Nach Erfahrung des Bundesverbands MVZ ist die beste Fehlervermeidungsstrategie bei der MVZ-Gründung, Kompetenz und fachkundiges Personal ‚zu besorgen‘. Denn nicht selten werden MVZs von Krankenhäusern, manchmal aber auch von Vertragsärzt:innen oder von Dritten, die gründen dürfen, „einfach so“ gegründet – sprich ohne Konzept und genügend spezifisches Know-how. Aber der ambulante Sektor ist ein hochverrechtlichter Raum mit eigenen Regeln. Typische Gründungsfehler von Kliniken sind daher vor allem eine grobe Unkenntnis des ambulanten Feldes oder eine schlecht durchdachte oder fehlende Betriebsstrategie für das MVZ. Es werden in der Konsequenz zum Beispiel an Standorten Zweigstellen geplant, deren Betrieb ineffizient ist und die Mitarbeiterproblematik, die durch die Lohnkonkurrenz mit der Klinik noch gesteigert wird, unterschätzt.

Darüber hinaus können Behördenentscheidungen, z. B. zu notwendigen KV-Genehmigungen bezüglich der Anerkennungen von Qualifikationen, zur Honorarverteilung oder zu zulassungsrechtlichen Aspekten ein unterschätztes Problemfeld sein. Klar muss sein:  Wer ein MVZ gründet, befindet sich in der ambulanten Regelversorgung und bewegt sich in der KV-Welt. In dieser gestaltet sich der Aufbau und die Art, wie man an Prozesse herangeht, völlig anders, insbesondere im Vergleich zur Krankenhaus-Welt.

Es bedarf eines besonderen Wissens für den ambulanten Sektor, egal wie klein das MVZ ist, um die Gründung des MVZ erfolgreich zu gestalten.

Welchen weiteren Fehler Sie nicht machen sollten: Ignoranz

Den zweiten großen Fehler, den insbesondere nicht-ärztliche Träger oder Klinikträger immer wieder machen, bezeichnet Frau Müller als Ignoranz der Klinikleitung. Diese verhindert, dass diejenigen Mitarbeiter:innen mit Wissen und Kompetenz hinsichtlich des ambulanten Sektors und der KV-Welt die richtigen Entscheidungen für den MVZ-Betrieb treffen (dürfen), wenn etwa der Klinikgeschäftsführer deren Empfehlungen nicht ernst nimmt oder einfach nicht umsetzt. Hintergrund ist oft die Asymmetrie zwischen dem großen Krankenhaus und dem im Verhältnis dazu sehr kleinen MVZ.

Frau Müller benennt 3 Erfolgsfaktoren zur MVZ-Gründung:

    1. Fachkompetenz beschaffen
    2. Besonderheiten ernst nehmen
    3. Risiken kennen und beachten

Dann haben MVZs das Potenzial, eine tolle Versorgungsform zu sein und über die rein rechtliche Hülle hinaus, inhaltlich Mehrwert zu bieten. Dafür bedarf es eines fachkundigen Mitarbeiter-Teams, einer tragfähigen Gründungsidee und einer guten Führung.

Warum ist die MVZ-Gründung für Krankenhäuser interessant?

Krankenhaus-MVZs können eine Erweiterung des stationären Geschäftsmodells bedeuten. Beispielsweise lässt sich im Kontext operativer Behandlungen oder chronischer Krankheiten die Versorgung der Patient:innen bruchfrei sektorenübergreifend gewährleisten. Dies führt dazu, dass die Patientenbeziehung intensiviert und Behandlungsabbrüche oder -verschlechterungen vermieden werden können.

Wie bei jeder Behandlung ist das Patienten- und Arzterlebnis auch im MVZ laut Frau Müller der wesentliche Faktor.

Eine positive Erfahrung im MVZ wird von Patient:innen dann häufig auch auf das Trägerkrankenhaus übertragen. Diese Bindungskette, die elementar für Krankenhäuser ist, beginnt normalerweise bei der Vorbehandlung und Indikation bis hin zur OP. Über MVZs mit ihrem gegebenenfalls breiten Fächerspektrum können Patient:innen darüber hinaus bei anderen, ganz ’normalen‘ ambulanten Behandlungsanlässen die Erfahrung machen, ob bzw. dass sie bei dem Träger  zufrieden sind, sich wohl und gut aufgehoben fühlen.

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Ihre Vorteile mit medflex

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  • Asynchrone Kommunikation per Chat zur einfachen Terminkoordination und Vermeidung von Warteschleifen
  • Arzt- und Entlassbriefe DSGVO-konform digital versenden – an Ihre MVZ- oder Krankenhaus-Kolleg:innen und Patient:innen
  • Röntgenaufnahmen, Befunde und andere Dateien bis 800 MB schnell und einfach austauschen
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Susanne Müller

ist Diplom-Politikwissenschaftlerin und seit 2009 Geschäftsführerin beim Bundesverband Medizinscher Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e.V. (BMVZ).

Leah Grunewald
Leah Grunewald

Leah, Jahrgang 1984, ist seit Oktober 2021 als Content Marketing Managerin bei medflex an Bord. Als Kommunikationsexpertin
in der Health Care Branche spürt sie aktuelle Themen für die medflex Web-Seminare auf und befasst sich gerne mit der Telemedizin
im Krankenhaus, MVZ und Praxis sowie dem Arztalltagsgeschehen.