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Warum faxen Ärzt:innen noch so viel?

Darum lohnt sich die Trennung und wie sie gelingt

In deutschen Arztpraxen können Berufsanfänger:innen eine selten gewordene Fähigkeit erlernen: den Umgang mit dem Faxgerät. Während die meisten Millennials wohl nie eins bedienen werden, scheint der Fernkopierer aus der Medizin kaum wegzudenken. Oder doch? Wir sind der Frage auf den Grund gegangen, warum ausgerechnet das Fax noch so viel genutzt wird und haben Ärzt:innen dazu befragt*. Außerdem haben wir bei einem Datenschutzexperten nachgeforscht, ob das Faxgerät tatsächlich so sicher ist wie sein Ruf. Falls Sie nach der Lektüre Lust haben, den Sperrmüll zu bestellen und Ihre Maschine zu entsorgen, finden Sie auch Tipps für den erfolgreichen Umstieg auf sichere digitale Kanäle.

Faxgerät Arztpraxis

Warum nutzen Ärzt:innen noch Fax? 

In den meisten Bereichen wurde das Fax bereits durch schnellere, rein digitale Kanäle ersetzt. Moderne Teams chatten und teilen Dateien in der Cloud. Wäre das nicht auch ein Modell für Praxis- und Klinik-Teams – Datenschutz vorausgesetzt? Doch in deutschen Praxen ist das Faxgerät noch so selbstverständlich wie die Kaffeemaschine. Liegt es an Zeitmangel für eine Umstellung, fehlenden Alternativen oder gar am schönen nostalgischen Piepton? Wir haben nachgefragt.

Das sagen unsere befragten Ärzt:innen dazu:

Ist das Fax überhaupt noch so verbreitet?  

Ja, in vielen Praxen wird mehrmals in der Woche oder sogar am Tag gefaxt – und zwar bis zu 30 Mal täglich. Kaum eine Praxis kommt ganz ohne Fernkopierer aus. 

Was hält Ärzt:innen davon ab, das Fax durch andere digitale Kanäle zu ersetzen? 

  • An der guten Abrechenbarkeit liegt es jedenfalls nicht, da waren sich alle Befragten einig. Kommunikation per Fax lässt sich unseren befragten Ärzt:innen zufolge nämlich eher schlecht abrechnen.  

  • Zu wenig Zeit für eine Umstellung von Fax auf digital? Teilweise. Einige Ärzt:innen nannten genau dies als Grund, am Fax festzuhalten. Die Mehrheit allerdings nicht. Immerhin nimmt auch der Faxversand Zeit in Anspruch. Auch beim Posteingang, wenn die MFAs die Daten händisch in das elektronische Praxisverwaltungssystem einpflegen müssen – das ist auch noch fehleranfällig. 

  • Datensicherheit? Tatsächlich halten viele Mediziner:innen das Fax nach wie vor für sicherer, was den Datenschutz angeht. Aber: Wie es um den Datenschutz des guten Faxes wirklich bestellt ist und welche Risiken damit mittlerweile verbunden sind, erfahren Sie unten.  

  • Der Hauptgrund: Andere medizinische Einrichtungen, wie Kliniken oder Pflegeheime, sind häufig nur per Fax gut zu erreichen. Denn bei der Kommunikation müssen immer beide Seiten mitziehen. Das steht oft sogar den innovationswilligsten Ärzt:innen im Weg. Beim Austausch mit niedergelassenen Kolleg:innen sieht das bereits anders aus.  

Was sind Alternativen zum Faxgerät?  

Für viele Mediziner:innen sind das nach wie vor Briefe und E-Mails, immer mehr kommen in den Praxen aber auch medizinische Messenger zum Einsatz. Wobei all dies das Fax in den wenigsten Praxen komplett ersetzt hat. Die meisten Befragten haben aktuell noch keine vollwertige Alternative implementiert.  

 

Sollte das Fax künftig mehr durch digitale Lösungen ersetzt werden? 

In unserer medflex Umfrage wünscht sich das immerhin rund die Hälfte.

Und was spricht für Ärzt:innen gegen das gute alte Fax? 

Die genannten Top-Gründe sind: 

  1. Schlechte Bilanz in Punkto Nachhaltigkeit 

  2. Hoher Zeitaufwand 

  3. Geringe Zuverlässigkeit & Qualität 

Faxen dauert lang. Die Übertragungsqualität ist oft schlecht, manchmal klappt es gar nicht.

Wie sicher ist das Fax? Ist es überhaupt verschlüsselt? 

Als Arztpraxis ein Rezept an die Apotheke faxen oder Befunde an Kolleg:innen – ist das DSGVO-konform? Lange galt das Fax als ebenso sicher wie ein Brief. Doch die Zeiten sind vorbei. Schon seit Jahren werden Faxe zumeist nicht mehr über eine dezidierte Telefonleitung, sondern unverschlüsselt über das Internet übertragen. Damit sind sie etwa so sicher wie eine herkömmliche E-Mail – warum das Fax nicht DSGVO-konform ist, wird in diesem Blog-Beitrag näher erläutert. 2022 wird das gute alte ISDN-Netz komplett abgeschaltet. Damit laufen Faxe ausnahmslos nur noch über Internetprotokolle. 

Was bedeutet das für die Sicherheit von Patientendaten? Datenschutzexperte Tom Selhorst klärt auf:

„Faxen verstößt heute ganz eindeutig gegen die DSGVO, sofern personenbezogene Daten, insbesondere Gesundheitsdaten von Betroffenen, z.B. Patienten, übertragen werden. Die nicht vorhandene DSGVO-Konformität wurde bereits von mehreren Aufsichtsbehörden bestätigt. Es ist daher erstaunlich, dass beim Einsatz dieser veralteten und sehr unsicheren Technik nach wie vor selten ein echtes Unrechtsbewusstsein herrscht und der Einsatz damit begründet wird, dass es ja nach wie vor viele andere Unternehmen nutzen. Das ist vergleichbar mit überhöhter Geschwindigkeit im Straßenverkehr: Wenn bei bestehendem Tempolimit alle Verkehrsteilnehmer erheblich zu schnell fahren, ist es deshalb nicht legal, weil es ja alle so machen. Ganz im Gegenteil, es erhöht das Risiko.

Das Problem beim Einsatz von Faxtechnik ist das erhöhte Risiko insbesondere bei der Übertragung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten, z.B. Gesundheitsdaten. Wenn personenbezogene Daten bei der Übertragung von Faxtechnik kompromittiert werden, z.B. durch Diebstahl, Cyber-Hacks oder ganz einfach den falschen Empfänger erreichen, sind hohe Bußgelder und Strafen durch Datenschutzaufsichtsbehörden sehr wahrscheinlich.“ 

So riskant ist das Faxen von Gesundheitsdaten aus DSGVO-Sicht

Das Risiko ist beim Faxen sehr hoch, weil Daten unverschlüsselt übertragen werden. Da es um sensible Gesundheitsdaten geht, droht noch dazu besonders schwerer Schaden.

Das Fax als Sicherheitslücke für die Praxis-IT

Ein Weckruf anderer Art ging bereits 2018 durch die IT-Welt. Das israelische Unternehmen Checkpoint deckte eine Sicherheitslücke auf, die als „Faxploit“ bekannt wurde. Sie zeigten, dass sich Faxe manipulieren lassen. Schlimmer noch, sie konnten über die Geräte ganze Computernetzwerke hacken. Der Hintergrund: Hacker nutzen gern veraltete Technologien wie Faxgeräte als Einfallstor, da diese schlechter gesichert sind. Von da aus verbreiten sie sich auf andere Geräte und können an kritische Komponenten, wie z.B. das Patientenverwaltungssystem, gelangen. Veraltete Geräte, für die es keine Sicherheitsupdates mehr gibt, gleichen einer Einladung für Cyber-Attacken.

Praxisnahe Alternativen zum Fax

Die Post

Gut geschützt bleiben sensible Gesundheitsdaten beim klassischen Postversand. Ob Abrechenbarkeit oder Rechtssicherheit, mit einem Brief liegen Sie grundsätzlich nie verkehrt.

Doch die Papierflut ist vielen ein Dorn im Auge. Und seien wir ehrlich: Wir sind jetzt Schnelleres gewöhnt. Wie zum Beispiel …

Verschlüsselte E-Mails

Wann immer es um Patientendaten geht, müssen E-Mails speziell verschlüsselt oder über KiM (Kommunikation im Gesundheitswesen) übertragen werden. Letzteres soll ältere Lösungen wie KV-Connect ablösen. Für bestimmte Fälle, wie die Übermittlung von AUs, ist KiM bereits verpflichtend. Allerdings schließt es die Patient:innen explizit aus.

Übrigens ein NoGo für Patientendaten, egal ob Sie sich mit Ihnen oder über sie austauschen:  Unverschlüsselte E-Mails. Nach dem Grund für einen Terminwunsch fragen? Testresultate übermitteln oder zusenden lassen, z.B. als Nachweis einer Corona-Infektion? Für so etwas ist dieser nicht-DSGVO-konforme Kanal der falsche Weg und kann ganz leicht das Arztgeheimnis verletzen.

Icon einer Sprechblase mit Anführungszeichen

Messenger

Schnell, leicht zu bedienen und vielseitig einsetzbar, das sind Messenger. Darüber chatten Sie einzeln oder in Gruppen und versenden Dateien in Sekundenschnelle. Dabei wichtig: Für den Einsatz in Klinik und Praxis MUSS die Anwendung DSGVO-konform sein! Es gibt Messenger, die speziell für die medizinische Kommunikation entwickelt wurden und genau das leisten. Sie übertragen Daten über eine gesicherte Plattform, die für Sender und Empfänger passwortgeschützt ist.

Bei den Anwendungen gibt es Unterschiede im Funktionsumfang und dabei, wer sie alles nutzen kann. Manche konzentrieren sich auf den Austausch zwischen Ärzt:innen, andere beziehen auch die Patient:innen mit ein. Letzteres lässt sich im Alltag sehr vielseitig einsetzen, z.B. für Terminvereinbarungen, Befundübermittlung oder auch medizinische Fragen, die nicht unbedingt einen Praxisbesuch erfordern.

Tipp: Denken Sie bei Wahl Ihrer Anwendung am besten gleich in Prozessen! Mit etwas Planung lassen sich Abläufe deutlich vereinfachen.

Ich möchte nicht mehr zig Wege nutzen – Telefon, Fax, E-Mails. Jetzt habe ich eine zentrale Plattform für die gesamte Kommunikation mit Patienten und Kollegen. Weniger verschiedene Zugangspunkte, das macht mir das Leben wirklich leichter.

Warum nicht einfach WhatsApp nutzen, das habe ich ja schon? Wir erklären, warum Sie von WhatsApp in der fachlichen Kommunikation besser die Finger lassen. Ansonsten rät der Datenschutzexperte:

“Ein Blick auf die Prüfsiegel von Messenger-Diensten hilft schnell weiter bei der Entscheidungsfindung.”

— Tom Selhorst, Data Protection Officer

medflex Patientenanfrage-Modul auf Smartphone

Patientenanfrage-Management

Das Patientenanfrage-Management von medflex erfasst Patientenanfragen über ein Online-Modul und bündelt sie in einem strukturierten, filterbaren Kanal. Die Anfragen können Sie zu einem frei wählbaren Zeitpunkt bearbeiten - auch im Team und garantiert datenschutzkonform.

Dem Fax den Stecker ziehen – und dann? Tipps für den gelungenen Umstieg

  1. Schreiben Sie auf, mit wem Sie bislang per Fax kommunizieren. Bitten Sie vor allem Ihre MFAs oder ZFAs um Input, schließlich läuft ein Großteil der Kommunikation über sie. Das dient nicht nur dem Überblick, sondern auch Punkt 4 weiter unten.

  2. Planen Sie, wodurch Sie das Fax ersetzen möchten. Faxen Sie lediglich Arztbriefe an andere Praxen und Kliniken? Dann können Sie das vermutlich über KiM abdecken. Stimmen Sie sich häufig auf kurzem Wege zu Befunden, Therapien oder Zweitmeinungen ab, eignet sich ein Messenger.

  3. Denken Sie in Prozessen. Der “Faexit” ist DIE Gelegenheit, weitere Schmerzpunkte anzugehen. Überlastetes Telefon, lange Wartezeiten auf Termine, gestresstes Team – führen Sie nicht einfach nur einen neuen Kontaktweg ein, sondern digitale Prozesse, die Ihnen helfen, Ihren Tag besser zu strukturieren.

  4. Kommunizieren Sie offen und konsequent: Die Ära Fax ist für Sie beendet. Bieten Sie zugleich Alternativen an. Ob in der Rundmail, dem Praxis-Aushang oder im persönlichen Gespräch. Letzteres lohnt sich vor allem bei z. B. Pflegeheimen, mit denen Sie viel zu tun haben. Nennen Sie ihnen die Vorteile (Warum wechseln Sie?) oder zeigen Sie die neue Anwendung direkt – bei digitalen Lösungen bieten die Hersteller oft entsprechende Einführungen an, um Ihnen Arbeit abzunehmen.

  5. Richtig entsorgen: Wertstoffhof oder Museum? Sie entscheiden …

Läuten Sie das faxfreie Zeitalter ein mit medflex.

Regina Phalange
Regina Phalange
Seit Anfang 2021 geht die Content Spezialistin für medflex auf die Pirsch nach spannenden Themen aus den Bereichen eHealth und Telemedizin. Ihr Schwerpunkt liegt auf den praktischen Einsatzmöglichkeiten und der Implementierung neuer Technologien in der Praxis.

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