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Telemonitoring-Studie

Telemonitoring als Versorgungsbrücke – ist das realistisch?

In vielen Regionen dünnt die ärztliche Versorgung aus. Für die Kontrolle chronischer Erkrankungen stellt das eine echte Herausforderung dar, soweit alles bekannt. Ist Telemonitoring eine Lösung? Dieser Frage widmete sich Dr. Adelina Basholli Beqiri in ihrer Dissertation im Fach Telemedizin. Gemeinsam mit Ärzt:innen untersuchte sie, welche Anforderungen das Telemonitoring an die Anwendung und an Anwender:innen stellt und wie es sich auf die Behandlung auswirkt – und den Behandlungsalltag. medflex hat mit Dr. Basholli Beqiri zu den Ergebnissen der Studie gesprochen. Was sind die Vorteile und was ist bei der Einführung von Telemonitoring zu beachten?

Dr. Adelina Basholli Beqiri

Dr. Adelina Basholli Beqiri

Promovierte in Telemedizin an der University of Sheffield

Prämisse: Telemonitoring kann Versorgungslücken bei chronischen Patient:innen überbrücken

Für ihre Studie hat Dr. Basholli Beqiri einen Extremfall gewählt. Das Krankenhaus in Pristina im Kosovo ist das einzige tertiäre Versorgungszentrum im ganzen Land. Viele der Probleme, denen Ärzt:innen dort begegnen, dürften ihren Kolleg:innen hierzulande vertraut sein:

  • Hohes Patientenaufkommen

  • Wenig Zeit

  • Noch überwiegend analoge Abläufe

  • Und während der Pandemie natürlich die allgegenwärtige Ansteckungsgefahr  

Patient:innen, die hochspezialisierte Therapien benötigen, müssen mitunter 2 Stunden anreisen. Für Chroniker:innen waren regelmäßige Kontrollen deshalb kaum zu stemmen.

Es ist nicht nur die Zeit, auch die Fahrtkosten sind eine große Belastung. Das hat ein lückenloses Monitoring kaum möglich gemacht.

In ihrer Doktorarbeit untersucht sie deshalb, wie die Telemedizin diese Versorgungslücke schließen kann.  

Die Studie

Zunächst erhebt Dr. Basholli Beqiri den konkreten Bedarf im Gespräch mit den Ärzt:innen. Daraufhin entwickelt sie ein sensorbasiertes Monitoring-System, über welches Patient:innen ihre Vitalparameter übermitteln können. Darüber können Ärzt:innen auch digital mit den Patient:innen kommunizieren und Benachrichtigungen auslösen, z.B. um sie um zusätzliche Werte oder häufigere Messungen zu bitten. Anschließend wird das Telemonitoring im Behandlungsalltag getestet und die Erfahrungen der Ärzt:innen und Patient:innen ausgewertet.

Überraschende Erkenntnisse 

Die erste Überraschung für mich war, dass die Ärzte so offen dafür waren, digitale Technologien einzusetzen.

… so Basholli Beqiri, “Das bedeutete konkret, Abläufe anzupassen und mit Patienten aus der Ferne zu kommunizieren. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen.” Zunächst bedeutete die Implementierung also einen Mehraufwand. Wie sind die Ärzt:innen in der Studie damit umgegangen? 

„Sie waren bereit, ihre Prozesse umzustellen. Vielleicht liegt das daran, dass sie wegen des hohen Patientenaufkommens schnell Chancen erkannt haben:  

  • Mehr Daten ermöglichen präzisere Diagnosen, das war den Ärzten sehr wichtig. 

  • Ebenso wie bei auffälligen Werten schneller reagieren zu können. 

  • Und sie können besser feststellen, ob Therapien anschlagen

  • Patienten müssen nicht mehr für jede Kontrolle anreisen, heißt weniger Besuche

  • Das wiederum hält die Infektionsgefahr vor Ort gering. 

  • Und bessere Kontrollen chronisch Kranker beugen Hospitalisierungen vor. Das entlastet das gesamte Gesundheitssystem.“ 

Zweite Überraschung: Mehr Monitoring spart Zeit 

Im Laufe des Feldversuchs zeigt sich dann schnell eine Zeitersparnis. Durch das Telemonitoring können die Ärzt:innen mehr Personen engmaschiger betreuen. Das beugt unnötigen Besuchen und vermeidbaren Notfällen besser vor.

Wie die Ärzt:innen das in der Praxis umgesetzt haben, zeigt: Der tägliche Aufwand war überschaubar. Dr. Basholli Beqiri berichtet:

„Ein Arzt hat beispielsweise jeden Morgen nur 15 Minuten eingeplant, um die Werte seiner Patient:innen zu kontrollieren. Waren kritische Werte dabei, zum Beispiel mehrere Tage lang erhöhter Blutdruck, hat er sie einbestellt. Andersherum konnte er auch sehen, wer über längere Zeit gute Werte hatte und diesen Patient:innen sagen, sie bräuchten diese Woche nicht zu kommen. Das entzerrt den Terminkalender und war natürlich während der Pandemie besonders wichtig, um die Klinik nicht zu überfüllen.

Die Anwendung digitaler Hilfsmittel ist keine Altersfrage 

 

Sowohl beim Gesundheitspersonal als auch bei den Patient:innen spielte das Alter kaum eine Rolle dafür, wie gut die neue Technik angenommen und angewendet wurde. Eine maximal 30-minütige Einführung genügte bei Ärzt:innen und Pfleger:innen über alle Altersgruppen hinweg. Auch ihr Feedback zur telemedizinischen Anwendung war sehr positiv. Hier ein paar Stimmen*: 

 

Es gab keine Probleme, hat aber vieles einfacher gemacht. Wirklich gut.

Es hat uns die alltägliche Arbeit erleichtert.

Bei den Patient:innen zeichnete sich ein ähnliches Bild ab. Wenn eine Anwendung einfach und intuitiv genug ist, senkt das die Hürden also erheblich ab. Zumal man bei Chronikern nicht nur an ältere Menschen denken darf, wie die Studie bestätigt:

„Die Angehörigen der Gesundheitsberufe bestätigen, dass bei immer mehr jüngeren Patienten chronische Krankheiten diagnostiziert werden. Daher ist eine kontinuierliche Fernüberwachung nicht nur für die ältere Bevölkerung, sondern auch für jüngere Altersgruppen von Nutzen.“* 

Was ändert das Tele-Setting am Arzt-Patienten-Verhältnis? 

„Die Ärzte der Studie haben zum ersten Mal auf Distanz mit ihren Patient:innen kommuniziert. Auch das war natürlich neu. Eine wichtige Erkenntnis war deshalb, wie die Patient:innen sich dabei fühlen, mit ihren Vitalparametern konfrontiert zu sein. Wäre das eher belastend oder hilfreich? Aus der Erfahrung der Ärzte hat sich gezeigt, dass man hier unterscheiden muss. 
 

Die eigene Health Literacy trägt entscheidend dazu bei, ob Patienten die zusätzlichen Einblicke in ihre Vitalparameter als belastend oder hilfreich empfinden. 

Zum einen gibt es Menschen, die ihren Zustand gut verstehen, keine Probleme damit haben, verschiedene Vitalwerte zu messen und sie auch ganz gut einordnen können. Sie finden es in der Regel gut, mehr über ihren Zustand zu erfahren. Das gibt ihnen Kontrolle. Auch der Arzt hat etwas davon, denn diese Gruppe stellt sich sonst besonders häufig bei ihm vor. Dank digitaler Kommunikation kann er ihnen jetzt mit weniger Zeitaufwand helfen, mit ihrer Erkrankung besser zurechtzukommen.” – Dr. Basholli Beqiri

Aufklären und Einordnen wird eine immer wichtigere Aufgabe für Ärzte

„Zum anderen gibt es aber auch Patienten, die wenig über ihren eigenen Zustand wissen. Für sie bedeutet es eher Stress, all diese Werte zu sehen, ohne sie einordnen zu können. Wenn ein Sportler z. B. eine besonders niedrige Herzfrequenz hat, macht er sich vielleicht Sorgen, dabei ist das in seinem Fall völlig in Ordnung. Es wurde deutlich, wie wichtig es ist, dass Patienten ihren Zustand verstehen. Um ihnen dabei zu helfen, konnten die Ärzte individuelle Normalwerte für einzelne Patienten definieren, wenn nötig.“ – Dr. Basholli Beqiri

Fazit: Daten helfen den Patient:innen erst, wenn sie kontextualisiert werden.

 

Wie nützlich war das „Mehr“ an Daten für die Ärzt:innen?

Daten schön und gut, aber lohnt sich der Zeitaufwand für die Auswertung? Angesichts des ohnehin herrschenden Zeitmangels eine berechtigte Frage, die sich auch die teilnehmenden Ärzt:innen zu Beginn der Studie stellten. Wenn Patient:innen über mehrere Monate im Schnitt dreimal täglich Messdaten übermitteln, kommt schließlich einiges zusammen. Dr. Basholli Beqiris Erfahrung dazu:

„Hier waren sich die Ärzte einig. Bei chronischen Erkrankungen gilt: je mehr Daten, desto besser. Sie konnten Patienten nun über längere Intervalle hinweg monitoren und beispielsweise Anzeichen für Erkrankungen entdecken, die sonst schwer erkannt werden.“

Fazit: Fernbetreuung chronischer Patient:innen ein Zukunftsmodell 

Was zunächst einen Mehraufwand bedeutete, hat sich in der Studie dennoch ausgezahlt. Insgesamt ließ sich die Datenauswertung mit relativ geringem Zeitaufwand – z. B. 15 Minuten am Morgen – in bestehende Abläufe integrieren und sparte letztlich anderswo Zeit. Z. B. konnten Kontrolltermine vor Ort gestrichen werden, wenn Werte im Normalbereich lagen. Wichtiger noch, Ärzt:innen stellten echte Vorteile für die Behandlung fest:
 

Mehr Daten und längere Überwachungsintervalle ermöglichten präzisere Diagnosen und ein schnelleres Eingreifen bei auffälligen Werten.  

Außerdem zeigt sich: Für Patient:innen ist es wichtig, ihre Werte auch zu verstehen. Aufgeklärte Patient:innen möchten und können ihren Zustand besser managen, was wiederum dem Behandlungserfolg zugute kommt. 

 
Illustration einer Ärztin, die aus einem Smartphone heraus einer Patientin die Hand reicht

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Regina Phalange
Regina Phalange
Seit Anfang 2021 geht die Content Spezialistin für medflex auf die Pirsch nach spannenden Themen aus den Bereichen eHealth und Telemedizin. Ihr Schwerpunkt liegt auf den praktischen Einsatzmöglichkeiten und der Implementierung neuer Technologien in der Praxis.

In diesem Artikel

Dr. Adelina Basholli Beqiri

Dr. Adelina Basholli Beqiri

Promovierte in Telemedizin an der University of Sheffield