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Von Telekonsil bis Televisite

So gelingt eine nahtlose Patientenversorgung, wenn Minuten zählen

Ein Notfall: Der Patient erleidet einen Schlaganfall. Jetzt zählen Minuten. Im Optimalfall ist der Patient bereits digital in der Klinik, bevor er diese physisch erreicht. Dank Telemedizin ist das möglich: Wie Sie Telemedizin aber nicht nur smart für das Notfallmanagement, sondern auch in der ambulanten Versorgung bei Hausbesuchen einsetzen können, haben wir mit Anja Partheymüller und Patrick Eder vom Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen diskutiert.

Krankenhauszimmer. mit Arzt, Patient im Bett und Ärztin in der Videosprechstunde auf einem Bildschirm
Anja Partheymüller und Patrick Eder

Anja Partheymüller und Patrick Eder

Innovationsmanagerin und Expertin für Televisiten & Innovationsmanager und Experte für digitales Notfallmanagement, vom Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen (ZTM), haben bereits viele Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen bei der Einführung von Telemedizin begleitet. Im Gespräch mit medflex berichten sie von ihren Erfahrungen, Best Practices und Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Leistungen.

Telemedizin im Rettungsdienst – Einsatzmöglichkeiten zwischen Rettungsdienst, Leitstelle und Klinik

Telemedizin definiert sich über die Übertragung von Patientendaten und Vitaldaten über Räumlichkeiten hinweg mit dem Ziel, eine Gesundheitsverbesserung zu erfahren. Im Rettungsdienst verwenden Notfallsanitäter sogenannte digitale Checklisten, die sie telemedizinisch in die Klinik übermitteln. Sie messen u.a. Vitalparameter und erfassen krankheitsspezifische Scores. All diese Daten aus der Checkliste werden zentral gesammelt, so dass der „digitale Patient“ oder die “digitale Patientin” mit den Ergebnissen aus der Abfrage bereits in der Klinik ankommen kann, bevor er oder sie physisch eintrifft.

Der Patient oder die Patientin ist folglich vor dem Erreichen der Notaufnahme bekannt. Ärzt:innen sowie das medizinische Personal treffen in der Zwischenzeit alle Vorbereitungen, damit in der Klinik keine Verzögerungen entstehen. Im Zusammenspiel mit der Leitstelle lässt sich zudem vorab klären, ob beispielsweise das CT bereits belegt ist und ein anderes Krankenhaus angesteuert werden muss.

Welche Telemedizin-Ausrüstung wird benötigt?

iPad und Behandlungsset

Jede/r Partner:in in der Telemedizin nutzt bestimmte Geräte wie ein Tablet, einen PC oder eine Videokamera, um Daten zu versenden oder auch entsprechend zu empfangen. In der Regel umfasst die Telemedizin-Ausrüstung beim Rettungsdienst ein Tablet. Auf diesem sind Checklisten hinterlegt, die je nach Leitsymptomen entwickelt wurden, z. B. für Schlaganfallpatient:innen. Der Vorteil der Checklisten ist die strukturierte Erfassung der einzelnen Werte, sodass keine wichtigen Daten vergessen werden oder fehlerhaft beim Empfänger ankommen. Per Tablet werden diese Checklisten schnell und direkt in einer für alle verständlichen Sprache an die Klinik übermittelt.  

Aufnahmeprozesse um 40 Minuten verkürzen

Wie ist es möglich, den Aufnahmezyklus eines Patienten oder einer Patientin in der Klinik mit allen vorhandenen Prozessen zu verkürzen, wie z. B. das Einlesen der Versichertenkarte, das Unterzeichnen des Patienten oder der Patientin, das Vorbereiten des CT, die erste Übersicht des Neurologen, etc.? Der Einsatz von telemedizinischen Leistungen verringert diesen gesamten Prozess der Voranmeldezeit von 60 Minuten Referenzzeit auf unter 20 Minuten.*

Telekonsil bei akutem Schlaganfall – ein Fallbeispiel aus dem Notfallmanagement

Visitewagen mit hochauflösender Kamera & BildschirmNachdem der Patient vom Rettungsdienst in die Klinik eingeliefert wurde, folgt der erste Befund. Es ist ein Schlaganfall erkennbar, der schnell behandelt werden muss. Um eine Zweitmeinung einzuholen kann die Klinik, die über keine eigene Stroke Unit verfügt, ein Schwerpunkt-Zentrum wie eine Uniklinik per Telekonsil zu Rate ziehen. Der Patient kann direkt in das Konsil eingeschlossen werden, um seinen Zustand per Video über einen Visitenwagen zu beurteilen.  Der Visitenwagen ist mit einer hochauflösenden Kamera und einem Bildschirm ausgestattet.

Die beteiligten Ärzt:innen tauschen sich per Telekonsil aus, um den Patienten zu versorgen und die bestmögliche Therapie für ihn zu ermöglichen. Verfügt die anfragende Klinik über die notwendigen Mittel, kann eine Therapie direkt durchgeführt werden. Ohne die telemedizinische Unterstützung müsste der Neurologe oder die Neurologin den Patienten unter Umständen verlegen lassen. Das kostet viel Zeit und bedeutet Stress für den Patienten.

Wie viel Prozent aller Bundesländer nutzen digitales Notfallmanagement flächendeckend?

Etwa 20-30 %. Hier ist noch viel Aufbauarbeit nötig. Noch nicht jede Patientin oder jeder Patient kann in Deutschland so versorgt werden.

Wenn Telemedizin richtig eingesetzt wird, kann viel bewegt werden.

Patrick Eder - Zentrum für Telemedizin
© Hassan Akhtarini, ZTM

Televisite im ambulanten Bereich

Im Rahmen von Televisiten übernehmen speziell ausgebildete telemedizinische Assistenzen delegationsfähige Hausbesuche von Ärzt:innen. MFAs, die zu VERAH oder Näpa weitergebildet sind, können diese durchführen. Beim Hausbesuch erfasst die VERAH/Näpa bestimmte Daten digital und übermittelt sie telemedizinisch in die medizinische Einrichtung an den/die Ärzt:in.

Televisite bei einem VERAH Hausbesuch
Televisite bei einem VERAH Hausbesuch - © Hassan Akhtarini, ZTM

Der/die Ärzt:in schaltet sich bei Bedarf per Video hinzu, um Empfehlungen auszusprechen. Der Vorteil ist, dass Ärzt:innen so entlastet werden und die Delegation gefördert werden kann. Zusätzlich lassen sich Verlaufskontrollen durch den telemedizinischen Einsatz umsetzen.

VERAH mobil – digitale Datenerfassung

Blutdruck-Kontrolle bei einem Hausbesuch - © Hassan Akhtarini, ZTMIst die VERAH/Näpa beim Hausbesuch mobil im Einsatz, erfasst sie in der Regel verschiedene Vitaldaten wie Blutdruck oder Sauerstoffsättigung. Dabei kommt ein Tablet zum Einsatz, das über eine App bei der Datenerfassung unterstützt. Die Werte kann sie einerseits händisch erfassen oder direkt per Bluetooth oder W-Lan auf das Tablet oder einen Laptop übertragen. So kann die VERAH/Näpa ein EKG beim Patienten zu Hause anlegen und dieses in die Praxis übermitteln, das sich der/die Ärzt:in anschauen kann.

EKG bei einem Hausbesuch - © Hassan Akhtarini, ZTMDaneben können weitere Messgeräte angebunden werden, darunter auch ein digitales Stethoskop. So kann der/die Ärzt:in die Auskultationen in der Praxis anhören und feststellen, ob Rasselgeräusche oder ähnliches vorhanden sind. Darüber hinaus sind digitale Fragebögen üblich oder auch die Wunddokumentation, um Wunden zu fotografieren oder auch Heilungsprozesse zu dokumentieren. Gerade für ältere Patient:innen, die nicht mehr mobil sind, stellt die Telemedizin eine große Erleichterung dar.

Tipps von Anja Partheymüller zur Einführung von Telemedizin im hausärztlichen Bereich

    1. Für welchen Anwendungsbereich möchten Sie die Telemedizin einsetzen? Klären Sie Ihren Bedarf.
    2. Für welche Patientengruppen ist die Telemedizin relevant
    3. Welche Informationen müssen Sie telemedizinisch erheben?
    4. Starten Sie mit der Erhebung der Vitaldaten und Einführung digitaler Messgeräte.
    5. Ein weiterer möglicher Schritt kann die Einführung der Videotelefonie zur Ergänzung der Televisite sein.
    6. Der nächste Schritt könnte der eventuelle Ausbau der Videotelefonie mit Kolleg:innen zum Austausch über Telekonsile sein.

Wichtig: Ziehen Sie sich einen Partner zur Implementierung hinzu, um technische Fragen zu klären, z. B. zur Installation und zu Updates.

Das Zentrum für Telemedizin (ZTM) Bad Kissingen setzt medflex bereits erfolgreich für Telekonsile und Televisiten ein. Nutzen auch Sie die Vorteile digitaler Kommunikation mit medflex

  • Patientenanfragen digital in einem strukturierten, filterbaren Eingang erhalten
  • Nach KBV-Richtlinien zertifizierte Videosprechstunde mit stabiler Übertragungsqualität
  • Schneller Austausch von großen Datenmengen bis 800MB wie Röntgenbilder während der Videoübertragung
  • Wertvolle Zeitersparnis durch Telekonsil ermöglicht weniger Stress für Ärzt:innen und Patient:innen
  • Auch über Hausbesuche mit Patient:innen in Kontakt bleiben durch kurze, datenschutzkonforme (DSGVO) Chats, z. B. für Verlaufskontrollen

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Anja Partheymüller und Patrick Eder

Anja Partheymüller und Patrick Eder

Innovationsmanagerin und Expertin für Televisiten & Innovationsmanager und Experte für digitales Notfallmanagement, vom Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen (ZTM), haben bereits viele Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen bei der Einführung von Telemedizin begleitet. Im Gespräch mit medflex berichten sie von ihren Erfahrungen, Best Practices und Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Leistungen.

Leah Grunewald
Leah Grunewald

Leah, Jahrgang 1984, ist seit Oktober 2021 als Content Marketing Managerin bei medflex an Bord. Als Kommunikationsexpertin
in der Health Care Branche spürt sie aktuelle Themen für die medflex Web-Seminare auf und befasst sich gerne mit der Telemedizin
im Krankenhaus, MVZ und Praxis sowie dem Arztalltagsgeschehen.