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Zukunft der Gesundheitsversorgung

Wie sieht die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Deutschland aus?

In spätestens 10 Jahren wird sich der Beruf des Mediziners komplett gewandelt haben. Prof. Dr. Stefan Heinemann, Professor für Wirtschaftsethik an der FOM Hochschule in Essen und Sprecher der Ethik-Ellipse Smart Hospital Universitätsmedizin Essen, hat seine ökonomische und ethische Perspektive auf die digitale Medizin und Gesundheitswirtschaft mit uns geteilt

Wie wird der Medizinberuf in 10 oder 15 Jahren aussehen?

Prof. Heinemann ist sich sicher: „Sie werden ganz viel digital arbeiten, aber ohne sich selbst digital zu ersetzen als moralische Akteure, von überall arbeiten, werden Patienten auf der ganzen Welt haben, Sie werden völlig anders Nähe vermitteln, selbst da, wo sie physisch fern ist.“

Digitalisierung der Medizin erfordert konstante digitale Weiterbildung

Darum meint Prof. Heinemann auch: Die digitale Weiterbildung muss für Ärzt:innen genauso selbstverständlich sein wie die medizinisch-fachliche Weiterbildung. Wenn der niedergelassene Arzt oder die niedergelassene Ärztin weiterhin die entscheidende Schnittstelle zu den Patient:innen sein möchte, muss er oder sie lernen, mit den neuen Technologien umzugehen, sich für die Digitalisierung der Medizin zu öffnen, selbst mehr Convenience und neue positive Wirkungen für die Patient:innen zu bieten. Prof. Heinemann ist überzeugt:

Wenn Sie das nicht machen, dann macht es ein anderer. Das wird kein niedergelassener Arzt in Deutschland sein. Das wird ein Konzern sein, der das anbietet. Das macht z. B. alibaba, das macht irgendwer. […] Da gibt es dann vielleicht keinen deutschen Unternehmer, der sagt, mir sind gewisse ethische Grundlagen in der Patientenkommunikation wichtig. Da spielen dann andere Dinge eine Rolle. Das muss man sich klarmachen. Allein Apple hat unglaubliche Milliarden Dollar Barmittel. Das haben viele Staaten nicht.

Führt die Digitalisierung der Medizin zu einer Dehumanisierung?

Die Digitalisierung der Medizin bedeutet: Global Player werden verstärkt im Medizinsektor mitmischen und künstliche Intelligenz in der Medizin der Zukunft wird eine bedeutende Rolle spielen. Prof. Heinemann hält es für ethisch falsch, Ärzt:innen und MTAs durch neue Technologien zu ersetzen, jedoch ist er der Überzeugung: „Man muss sich klarmachen, dass sie ersetzt werden, wo es sich rechnet.“

Doch die digitalen Technologien müssen nicht zwangsläufig zu einer schleichenden Dehumanisierung führen. Sie bedeuten ebenso eine Chance auf eine bessere Medizin und medizinische Versorgung. Die Frage ist, wie wir die Technologien einsetzen und entwickeln, wie wir mit der Digitalisierung der Medizin umgehen und ob wir sie integrieren oder nicht.

3 Ratschläge für die zunehmende Digitalisierung der Medizin im Praxisalltag von Prof. Heinemann:

  • Denken Sie an ethische Grundlagen in der Patientenkommunikation, wenn Sie Ihre Gesundheitsprofession ausüben.
  • Nehmen Sie digitale Möglichkeiten an, nutzen Sie diese, evaluieren Sie die neuen Technologien, auch wenn es im Alltag nicht einfach umzusetzen ist – weil es die Zukunft in der Gegenwart ist.
  • Versuchen Sie, sich zu vernetzen. Tauschen Sie sich aus.

Medizin der Zukunft erhöht die Patientensouveranität

Auch die Patient:innen werden sich verändern. Allein 60 % der Deutschen können sich vorstellen, mit dem Arzt digital zu kommunizieren[1], sie sind offen gegenüber digitalen Angeboten und ihre Ansprüche an die Convenience wird zunehmen. Prof. Heinemann prognostiziert, dass der „Direct-to-Consumer Markt in der Medizin weltweit steigen wird. Es wird in Zukunft mehr Selbstzahler im Gesundheitsbereich geben.“

Patient:innen sind bereit, für ihre Ansprüche zu zahlen, denn „die Erwartungshaltung der Patienten wird sich verändern. Sie möchten ihrem Arzt auch mal zwischendurch eine Rückfrage stellen können, ohne Zeit im Wartezimmer zu verschwenden.“ Die Medizin der Zukunft bedeutet: Patient:innen werden autonom, wollen selbst Entscheidungen treffen und einbezogen werden. Letztendlich wird der Patientennutzen entscheiden, warum die Patient:innen bei einem individuellen Arzt verbleiben.

Welche Möglichkeiten bietet modernes Praxis-Management?

Beleuchtet man konkret, welche Möglichkeiten es im Praxis-Management im Bereich digitaler Medizin gibt, so können digitale Technologien die Arzt-Patientenbeziehung verbessern. Prof. Heinemann ist überzeugt: „Der konkrete Nutzen für einen Patienten und seine „Patient Experience“ wird am Ende des Tages entscheidend sein.“

[1]Europäische Studie zu Digitalisierung im Gesundheitswesen – Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind bereit für mehr Vernetzung und digitalen Service, 01.2019

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