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Home-Office von der Steuer absetzen

Tipps vom Steuerberater

Ärzt:innen und Therapeut:innen nutzen immer mehr Möglichkeiten, im Home-Office zu arbeiten. Inwieweit lassen sich Ausgaben für das Büro zuhause steuerlich geltend machen? Mit Steuerberater Martin Weidemann, der in einer auf Heilberufe spezialisierten Steuerberatungsgesellschaft tätig ist, haben wir über die Abzugsmöglichkeiten, Prüfung, Steuerfallen und Corona-Sonderregelungen rund um das Home-Office gesprochen.

Junge Ärztin in Home Office im Videotelefonat
Martin Weidemann

Martin Weidemann

Martin Weidemann ist Steuerberater und Leiter der Steuerabteilung der Treuhand Hannover. Die auf Heilberufe spezialisierte Steuerberatungsgesellschaft mit rund 7.000 Mandanten ist deutschlandweit mit Niederlassungen vertreten.

Home-Office für Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen

Videosprechstunden abhalten, Administratives erledigen, virtuelle Qualitätszirkel oder abends noch an der eigenen Forschung arbeiten – die Möglichkeiten sind vielfältig für Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen. Wer sich für solche Tätigkeiten auch zuhause entsprechend ausstattet, kann einiges von der Steuer absetzen. Doch nicht jede Angabe ist unproblematisch. Im Interview erklärt Martin Weidemann.

Herr Weidemann, wird die steuerliche Abzugsfähigkeit eines Home-Office häufig beziehungsweise immer häufiger nachgefragt?

In das Thema ist durch Corona Bewegung gekommen, ganz eindeutig. Dadurch, dass es aufgrund der Pandemie Neuregelungen gab und durch einige begünstigende Entscheidungen der Finanzverwaltung, kommt das Thema Home-Office jetzt bei viel mehr Personen als vorher zur Anwendung.

Was können Ärzt:innen oder Therapeut:innen für die Arbeit im Home-Office absetzen?

Vorab gesagt: Der Bereich Home-Office ist ein Sonderfall im Steuerrecht und das häusliche Arbeitszimmer ein dauerhafter Streitpunkt in der Abzugsfähigkeit. Deshalb ist es zunächst wichtig, eine Unterscheidung zu treffen zwischen der äußeren Hülle und dem, was so drinsteht.

Was „drinsteht“ – Technik und Mobiliar –, ist im Regelfall unproblematisch und voll abziehbar.

Solange plausibel ist, dass Sie bei der Art Ihres Berufs z. B. ein Notebook, einen Schreibtisch mit Stuhl etc. brauchen, ist das unproblematisch. Und bei einem Arzt würde ich das mindestens mal für Zwecke der Fortbildung behaupten. Für den Computer bekommen Sie vom Finanzamt einen Fragebogen, sehr detailfreudig, der auf rund 7 Seiten abfragt, was genau Sie damit machen möchten. Und dann teilt das Finanzamt das auf privat und gewerblich auf.

Ein bisschen schwieriger wird es bei dem Drumherum, also dem häuslichen Arbeitszimmer selbst.

Hierbei nimmt der Gesetzgeber bewusst in Kauf, dass eine Mischung aus beruflicher und privater Veranlassung in der Regel zugunsten der privaten Veranlassung entschieden wird. Ein Wohnzimmer mit Schreibtisch darin wird eben privat und beruflich genutzt und deshalb nicht akzeptiert. Der Schreibtisch selbst ist okay, den verwenden Sie ja in dem Moment betrieblich, aber Sie können nicht anteilig Miete und Heizkosten für die 3 Quadratmeter absetzen, auf denen er steht. Beim Arbeitszimmer muss es sich also zuallererst um einen abgeschlossenen Raum handeln.

Wenn dem so ist, müsste man weiterschauen: Wird das Büro zu 100% betrieblich genutzt oder habe ich da auch Privates drinstehen? Eine Schlafcouch ist immer schlecht, aber auch private Bücher, Musikinstrumente, eben Dinge, die privat genutzt werden, gehören nicht hinein.

Ärztin am Schreibtisch vor dem Fenster im Home Office
Im Arbeitszimmer zu Hause stehen idealerweise nur ein Schreibtisch und Fachliteratur.

Ein voller Abzug ist nur dann möglich, wenn das Büro zuhause den Mittelpunkt Ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit bildet. Das würde ich bei einem Arzt in 98% der Fälle ausschließen.

Was wird bei der Deklaration des Arbeitszimmers alles abgefragt?

Wenn Sie das häusliche Arbeitszimmer zum ersten Mal deklarieren in der Steuerklärung, bekommen Sie einen Fragebogen zugeschickt. Da wird gefragt, wie groß der Raum ist und was da alles drinsteht. Ich z. B. musste Zeichnungen mitgebeben, Quadratmeterangaben und dergleichen mehr. Gut ist im Prinzip nur ein Schreibtisch und vielleicht ein Bücherregal, in dem Fachliteratur steht. Alles andere wird schon kritisch. Als nächstes stellt sich die Frage, in welchem Maß Sie das abziehen können.

Wenn Sie also nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten, muss eine weitere Voraussetzung erfüllt sein: Ihnen darf kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehen, z. B. im Falle eines angestellten Klinikarztes, der dort quasi nur am OP-Tisch steht, aber kein Büro hat. Selbst das trifft nur selten zu.

Hier haben wir jetzt eine Besonderheit in der Pandemiezeit: Da wurde ja empfohlen, auch seitens der Bundesregierung, sich ins Home-Office zu begeben. Dem hat die Finanzverwaltung Rechnung getragen, indem sie das Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes aus Gesundheitsschutzerwägungen unterstellt für das Jahr 2021. Für 2022 ist diese Regelung bis dato noch nicht verlängert worden.

Für 2021 können Sie also aufgrund von Corona argumentieren: Grundsätzlich hatte ich einen Schreibtisch in der Klinik oder Praxis, aber aus Gesundheitsschutzmaßnahmen habe ich mich nicht länger als zwingend erforderlich dort aufgehalten. Mit dieser Argumentation könnte man auf beschränkten Abzug kommen und maximal 1.250 € steuerlich geltend machen. Dieser Betrag bezieht sich auf die reinen Raumkosten, also anteilige Miete, Heizkosten usw.

Bei Erfüllung aller Voraussetzungen können Sie das häusliche Arbeitszimmer steuerlich geltend machen – aber Vorsicht…

Und wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind, bietet sich diese Abzugsmöglichkeit für das häusliche Arbeitszimmer allen Ärzt:innen, egal ob angestellt oder selbstständig?

In der Theorie schon. Bei Selbstständigen ist da aber eine Falle drin, muss man klar sagen. Denn da stellt sich bei Eigentum die Frage, ob das häusliche Arbeitszimmer Betriebsvermögen wird. Die Folge davon wäre, dass Sie Wertsteigerungen irgendwann – spätestens bei Aufgabe der Tätigkeit – versteuern müssen. Bei den steigenden Immobilienpreisen ist das ein echtes Problem.

Eine Beispielrechnung: Angenommen Sie hätten die Möglichkeit, den Höchstbetrag von 1.250 € abzuziehen und kommen über 20 Jahre auf 25.000 € Abzug, bis Sie in den Ruhestand gehen wollen. Dann rechnet das Finanzamt durch und sagt: Okay, Ihr häusliches Arbeitszimmer sind 20 % Ihrer Wohnung und nach dem Buchwert waren das mal 40.000 €. Heute kostet die Wohnung aber eine halbe Million, das Arbeitszimmer ist jetzt also 100.000 € wert. Da haben Sie plötzlich 60.000 € Gewinn aus der Entnahme und das weit überkompensiert, was Sie abziehen konnten – und es gibt wenig Möglichkeiten, da herauszukommen.

Das Gros unserer Mandanten ist selbstständig und da haben wir über einem recht minimalen Abzug dieses Damoklesschwert der Entnahmegewinne schweben.

Ich finde den Aspekt in der Mandantenberatung wichtig, denn natürlich möchte jeder eine Steuerersparnis mitnehmen, doch meist lohnt es sich hierbei für selbstständige Mandanten nicht.

Wann ist mit einer Prüfung des Home-Office vor Ort zu rechnen – gesetzt den Fall, dass man das Büro zuhause steuerlich geltend macht?

In den zwei Coronajahren war vermutlich nicht immer genug Kapazität bei den Finanzämtern, weil das einfach sehr, sehr oft beantragt worden ist. Doch es ist durchaus üblich, vor Ort zu prüfen. Nun ist es bei einem Arzt plausibel, etwas von zuhause zu machen, doch die Dimensionen sollten stimmen. Wenn Sie dem Fragebogen von der Finanzverwaltung einen Grundriss Ihrer Wohnung beifügen und darin das kleine fensterlose Eckzimmer als Büro eintragen, macht das Sinn. Wenn Sie den großen Raum in einer 2-Zimmerwohnung nehmen, der in der Baubeschreibung als Wohnzimmer gekennzeichnet ist, wird sicher schneller vorbeigeschaut.

Wie läuft eine Prüfung des häuslichen Arbeitszimmers vor Ort ab?

Wenn die Prüfer rauskommen ist das brutal kleinlich. Sie kündigen sich aber in aller Regel vorher an. Die Wohnung ist ja verfassungsrechtlich geschützt und ein extrem hohes Gut. Ich kann ohne richterlichen Beschluss also keine Wohnung durchsuchen oder betreten. Wenn Sie den Zutritt aber strikt verweigern würden, kämen Sie wiederum Ihren Nachweispflichten nicht nach. Also der Prüfer muss schon hereingebeten werden und macht in der Regel einen Termin aus – dann hat man auch die Chance aufzuräumen.

Und was genau macht der Prüfer?

Er schaut sich um, vor allem im Arbeitszimmer. Ist es wirklich ein abgeschlossener Raum? Steht auch nichts Privates drin? Wenn ich etwas herausgeräumt hätte, würde ich das nicht gerade im Flur daneben stehen lassen.

Dekoration ist okay – das Arbeitszimmer muss keine Zelle sein und das ist ja keine Form der Nutzung. Auch bei der Güte der Ausstattung haben sie einigermaßen freie Hand. Irgendwo gibt es nach oben Angemessenheitsgrenzen von Aufwendung, aber es darf schon hochwertig sein.

Was hat sich durch Corona in Sachen Home-Office (für Ärzt:innen und Therapeut:innen) getan?

Wir hatten ja schon erwähnt, dass die Finanzverwaltung für 2021 das Fehlen eines alternativen Arbeitsplatzes zwecks Gesundheitsschutzes unterstellt. Das Home-Office wird also eher durchgewunken.

Wichtiger noch: Wir haben eine Home-Office-Pauschale für die Jahre 2020 und 2021, die ja jetzt noch zur Deklaration stehen.

Die Home-Office-Pauschale beträgt 5 Euro am Tag, maximal 600 Euro für alle, die irgendwie von zuhause gearbeitet haben – und zwar unabhängig von all den oben genannten Voraussetzungen. Die gibt es auch, wenn Sie nur am Küchentisch gesessen haben. Allerdings ist hierbei eine ganztägige Tätigkeit erforderlich, also keine reine Nachbereitung am Abend oder ähnliches.

NACHTRAG: Die Home-Office-Pauschale von 5 Euro "für jeden Kalendertag, den Sie ausschließlich zuhause arbeiten" (www.bundesregierung.de) bis max. 600 Euro wurde für 2022 verlängert (Deklaration in 2023).

Fazit

Die Pandemie hat Bewegung ins Thema Home-Office für Ärzt:innen und Therapeut:innen gebracht. Während Sie plausible Arbeitsmittel für zuhause meist problemlos steuerlich absetzen können, sind beim häuslichen Arbeitszimmer einige Kriterien zu erfüllen – die haben wir in unserer Infografik noch einmal für Sie zusammengefasst. Vor allem selbstständige Ärzt:innen sollten allerdings vor dem Ansetzen des häuslichen Büros gut abwägen und sich fachmännischen Rat holen. Wir danken Herrn Weidemann von der Treuhand Hannover für das aufschlussreiche Interview!

Home-Office wird möglich mit medflex

  • Patientenanfragen digital in einem strukturierten, filterbaren Eingang erhalten
  • Zertifizierte Videosprechstunde mit stabiler Übertragungsqualität
  • Austausch von Dateien wie Befunden und Arztbriefen bis bis 800 MB
  • DSGVO-konformes und asynchrones Messaging mit Patient:innen und Kolleg:innen
  • Interner Team-Chat, um mit den Mitarbeiter:innen auf dem Laufenden zu bleiben

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Martin Weidemann

Martin Weidemann

Martin Weidemann ist Steuerberater und Leiter der Steuerabteilung der Treuhand Hannover. Die auf Heilberufe spezialisierte Steuerberatungsgesellschaft mit rund 7.000 Mandanten ist deutschlandweit mit Niederlassungen vertreten.

Regina Phalange
Regina Phalange

Seit Anfang 2021 geht die Content Spezialistin für medflex auf die Pirsch nach spannenden Themen aus den Bereichen eHealth und Telemedizin. Ihr Schwerpunkt liegt auf den praktischen Einsatzmöglichkeiten und der Implementierung neuer Technologien in der Praxis.